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Was die Promarca-Nachhaltigkeitsstudie 2025 zeigt: Zentrale Erkenntnisse im Gespräch mit Martin Fenböck von Ipsos

11. Dezember 2025

Nachhaltigkeit ist längst mehr als ein Trend, sie ist ein Erfolgsfaktor für Marken. Doch zwischen guten Absichten von Konsumentinennen und Konsumenten und tatsächlichem Kaufverhalten klafft eine spürbare Lücke. Die neue Studie von Promarca und Ipsos zeigt, wo Herausforderungen liegen und welches Vertrauenskapital nachhaltige Marken heute aufbauen können.

Die Nachhaltigkeitsstudie 2025 von Promarca, die in Zusammenarbeit mit Ipsos durchgeführt wurde, bietet eine umfassende Standortbestimmung der Nachhaltigkeit im Bereich der Markenartikelhersteller und bezieht zugleich die Sicht der Bevölkerung ein. Das Engagement der Markenhersteller im Bereich Nachhaltigkeit bleibt für die Promarca-Mitglieder eine zentrale Priorität. Trotz komplexer Rahmenbedingungen investieren sie kontinuierlich in die Reduktion von CO₂, in nachhaltige Verpackungen, in die Verringerung von Lebensmittelabfällen und in die Förderung der Biodiversität. Gleichzeitig wächst bei den Konsumentinnen und Konsumenten die Diskrepanz zwischen geäusserten Nachhaltigkeitsabsichten und dem tatsächlichen Kaufverhalten, das sogenannte Say-Do-Gap.

Was bedeutet das konkret für Markenartikelhersteller? Und wie lässt sich Vertrauen in einer Zeit aufbauen, in der Umweltversprechen zunehmend kritisch hinterfragt werden? Im Gespräch ordnet Martin Fenböck, Senior Client Director & Regional Division Leader von Ipsos, die zentralen Ergebnisse der Studie ein und zeigt auf, wie Unternehmen Kommunikation, Innovation und Regulierung strategisch miteinander verbinden können. Ein Interview über Verantwortung, Glaubwürdigkeit und das Potenzial nachhaltiger Markenführung.

Welche Ergebnisse der Studie sind für Markenartikelhersteller besonders relevant?

Die Studie liefert wertvolle Orientierungspunkte für strategische Entscheidungen: Die Schweiz zeigt eine differenzierte Haltung zum Klimaschutz, was Raum für authentische, lokal angepasste Ansätze schafft. Die von der überwiegenden Mehrheit der Promarca-Mitglieder beobachtete „Say-Do-Gap“ ist weniger Problem als Chance – sie zeigt, wo gezielte Kommunikation und bessere Produktpositionierung ansetzen können. Besonders wertvoll ist die Erkenntnis zum Vertrauensaufbau: Hier können Vorreiter-Unternehmen sich durch transparente, authentische, faktenbasierte Kommunikation deutlich vom Wettbewerb abheben und langfristige Kundenbindung aufbauen.

Marken investieren viel in Nachhaltigkeit, Konsumentinnen und Konsumenten äussern ebenfalls ein starkes Interesse. Beim Kauf entscheiden sie aber häufig anders. Wie lässt sich diese Lücke erklären?

Diese scheinbare Diskrepanz birgt enormes Potenzial: Viele Menschen geben an, bereits ihr Möglichstes für die Umwelt zu tun – sie sind also grundsätzlich engagiert und offen. Die Herausforderung der Preisbereitschaft zeigt, dass nachhaltige Produkte noch stärker über zusätzliche Mehrwerte wie Qualität, Gesundheit oder Langlebigkeit positioniert werden können. Zudem wird es immer mehr zum erwarteten Standard, dass ein Produkt nachhaltig(er) ist. Die Studie deutet darauf hin, dass Konsumenten bereit sind zu handeln, wenn Nachhaltigkeit mit persönlichem Nutzen verbunden wird.

Die letzte Ipsos-Studie zeigt, dass ein Teil der Bevölkerung am wissenschaftlichen Konsens zum Klimawandel zweifelt. Können Sie erklären, welche Ursachen dieses Misstrauen hat? Welche Konsequenzen löst das aus?

Dies zeigt vor allem einen grossen Informationsbedarf, den Unternehmen als Bildungschance nutzen können. Ein beträchtlicher Teil der Bevölkerung sucht nach verlässlichen Informationen und praktischer Orientierung. Dies eröffnet Marken die Möglichkeit, sich als vertrauenswürdige Wissensvermittler zu positionieren. Anstatt nur über Klimaziele zu sprechen, können Unternehmen konkrete, nachvollziehbare Beispiele liefern, wie ihre Innovationen das Leben der Konsumenten verbessern und gleichzeitig die Umwelt schonen.

Wie können Markenhersteller Vertrauen aufbauen, wenn viele Menschen Umweltversprechen kritisch betrachten?

Die kritische Haltung der Konsumenten ist eine gesunde Entwicklung, die zu mehr Qualität und Transparenz führt. Die Studie zeigt ermutigende Ansätze: Etwa die Hälfte der Mitglieder nutzt bereits anerkannte Zertifikate und Labels. Es wurde viel investiert, um Lieferketten im Detail nachvollziehbar zu machen. Eine deutliche Mehrheit bietet bereits Informationen für nachhaltigen Konsum an. Diese solide Basis ermöglicht es, Vertrauen durch konsequente Transparenz und Dialog aufzubauen. Unternehmen, die ihre Fortschritte ehrlich teilen – auch Herausforderungen und Lernprozesse – werden als authentische Partner wahrgenommen.

Welche Art von Kommunikation, Nachweisen oder Transparenz schafft nachweislich mehr Glaubwürdigkeit?

Die vielfältigen Kommunikationskanäle der Promarca-Mitglieder – von Website über Social Media bis PR – bieten ideale Voraussetzungen für differenzierte Ansprache. Unsere Empfehlungen zeigen drei Erfolgsfaktoren: Die Verbindung von Nachhaltigkeit mit konkreten Konsumentenvorteilen macht abstrakte Themen greifbar. Messbare Erfolge und unabhängige Zertifizierungen schaffen Vertrauen durch Fakten. Die Unterscheidung verschiedener Zielgruppen – von engagierten „Activists“ bis zu noch nicht erreichten Segmenten – ermöglicht massgeschneiderte Botschaften. Der Schlüssel liegt in der authentischen Story, die zeigt, wie Nachhaltigkeit das Leben bereichert.

Welche zentralen Herausforderungen im Bereich Nachhaltigkeit sehen Sie für die Promarca-Mitglieder in den kommenden Jahren?

Die identifizierten Herausforderungen in Rohstoffbeschaffung und Verpackungsentwicklung sind Innovationstreiber, die zu Wettbewerbsvorteilen führen können. Die verschiedenen EU-Regulierungen, von denen viele Mitglieder betroffen sind, schaffen einheitliche Standards. Erzeugen aber auch einen grossen Aufwand bei den Promarca-Mitgliedern. Besonders spannend: Während KI für Nachhaltigkeitsziele noch wenig genutzt wird, eröffnet sich hier ein Potenzial für Effizienzsteigerung und datengestützte Innovation.

Unter PDF finden Sie eine Zusammenfassung der Ergebnisse.

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