| Fachbeitrag

Innovation ist unser Lebenselixier

Interview mit Ralf T. Gehlen, Geschäftsführer P&G Switzerland Sàrl (April 2019)

Promarca-Vorstandsmitglied Ralf T. Gehlen führt seit neun Jahren die Schweizer Geschäfte des amerikanischen Konsumgütergiganten Procter & Gamble. Im Interview erklärt er, was Zahnbürsten, die per App Feedback geben, mit einer starken Marke zu tun haben.

 

Herr Gehlen, Sie arbeiten seit 1991 bei Procter & Gamble. Was macht P&G als Arbeitgeber besser als die Konkurrenz?

Was mich bei P&G hält, ist die Kultur. Bei uns übernehmen bereits sehr junge Kollegen viel Verantwortung für Kunden und Marken, und sie packen alle paar Jahre neue Aufgaben an. Dies führt zu einem sehr guten Mindset im Unternehmen. Jeder macht eine andere Karriere und kann diese auch beeinflussen. Ich kam in den vergangenen 28 Jahren fast jeden Tag mit sehr viel Freude zur Arbeit, die Zeit verging rasend schnell.

 

P&G ist seit 1956 in der Schweiz tätig, Genf ist Hauptsitz der Europageschäfte. Weshalb setzt P&G auf den Standort Schweiz?

Die Schweiz ist gemeinsam mit Österreich und Deutschland (DACH) der zweitwichtigste europäische Markt für uns. Sie liegt im Herzen Europas, hat gute Verkehrsverbindungen und viele Universitäten von Weltruhm, von denen wir viele Leute rekrutieren. Ausserdem ist es für unsere Mitarbeitenden wunderschön, in der Schweiz zu leben und zu arbeiten – die tollen Lebensbedingungen sind ein Standortvorteil, der nicht zu unterschätzen ist. Und natürlich profitieren wir von der Rechtssicherheit und überhaupt von der Sicherheit in der Schweiz.

 

Wie wichtig ist die politische Stabilität?

Wir sind sehr happy in der Schweiz. Wir finden hier sehr ähnliche Bedingungen vor wie im EU-Raum, Personenfreizügigkeit und Freihandel sind für uns sehr wichtig. Darauf können wir uns in der Schweiz verlassen.

 

Seit 182 Jahren stellt P&G Markenprodukte her, die aus dem Alltag der Konsumenten nicht wegzudenken sind, darunter Pampers, Tampax, Ariel oder Gillette. Auf welchen Werten baut dieser Erfolg auf?

Wir haben bei P&G eine Überzeugung: Wir wollen jeden Tag ein bisschen besser machen. Wir wollen die Momente des alltäglichen Lebens, sei es beim Wäschewaschen, bei der Babypflege oder beim Rasieren, in kleinen, aber sinnvollen Schritten verbessern. Damit wir wissen, was für unsere Kundinnen und Kunden wirklich wichtig ist, betreiben wir intensiv Marktforschung.

 

Was macht eine starke Marke aus?

Starke Marken zeichnet eine gewisse Zeitlosigkeit aus, weil sie die Menschen mehrerer Generationen begleiten. Pampers wurde 1961 eingeführt, Ariel 1967. Sie vermitteln neben der Produktqualität auch eine emotionale Stabilität, die gerade in Zeiten, in denen sich viel verändert, wichtig ist. Gleichzeitig muss eine Marke sich verändern, schliesslich leben wir heute anders als vor zwei, drei oder vier Jahrzehnten. Für uns bedeutet das heute auch, dass Marken eine gesellschaftliche Verantwortung haben. Wir setzen unsere Stimme in der Werbung dafür ein, positive Veränderungen zu ermöglichen. Ein Beispiel: Die Kampagne #LikeAGirl unserer Damenhygiene-Marke Always soll dazu beitragen, das Selbstbewusstsein von Mädchen in der Pubertät zu steigern. Diese Kampagne ist Teil unseres Engagements für die Gleichstellung der Geschlechter.

 

P&G hat den Anspruch, Innovationsführer zu sein. Wie wird die Innovationsfähigkeit in Ihrem Unternehmen gelebt?

Forschung und Entwicklung sind unser Lebenselixier, Teil unserer DNA – beides macht uns, unsere Produkte und Marken aus. Wir arbeiten kontinuierlich an Innovationen für all unsere Produkte. Mit dem German Innovation Center ist unser zweitgrösstes Forschungszentrum im deutschsprachigen Raum in der Nähe von Frankfurt angesiedelt. Rund 900 Mitarbeitende forschen dort unter anderem für Pampers, Always, Gillette und Braun.

 

Welches ist die jüngste Innovation von P&G?

Wir haben Anfang 2019 auf der Consumer Electronics Show einige Produkte vorgestellt, die im Laufe dieses Jahres auf den Markt kommen. Darunter ist eine Zahnbürste von Oral-B, die Genius X, die mit künstlicher Intelligenz ausgestattet ist und dem Nutzer via Smartphone-App ein individuelles Feedback zu seinem Putzverhalten gibt. Putze ich nicht ideal, hilft sie mir mit Tipps. Auf diese Weise können wir die Mundhygiene nachhaltig verbessern. Da wir mit Oral-B sehr gut im Schweizer Markt etabliert sind, glauben wir fest daran, dass wir auch mit dieser Neuentwicklung punkten können.

 

Die Schweiz gilt sonst eher als hartes Pflaster für Innovationen.

Tatsächlich war der Schweizer Handel lange Zeit sehr vorsichtig, wenn es darum ging, Innovationen einzuführen. Doch ich spüre da eine Veränderung, nicht zuletzt dank der steigenden Bedeutung von eCommerce. Deshalb haben wir die Schweiz auch als Testmarkt für unseren Gillette Shave Club gewählt, mit dem wir Rasierklingen im Abo anbieten. Schweizer Konsumenten sind Innovationen gegenüber sehr aufgeschlossen.

 

Sind sie auch anspruchsvoller?

Sie sind sehr aufgeklärt, was Nachhaltigkeit und Selbstbestimmung betrifft. Sie interessieren sich nicht nur für die Produktqualität und das Preis-Leistungs-Verhältnis, sondern auch für die Werte einer Firma. Die Ansprüche steigen – mit neuen Produkten wie den Ariel PODs, die nachhaltigeres Waschen bei niedrigeren Temperaturen möglich machen, versuchen wir, ihnen gerecht zu werden.

 

Welchen Stellenwert hat Promarca für einen internationalen Grosskonzern wie P&G?

Promarca bietet Grossunternehmen und KMU eine Plattform der Begegnung innerhalb der Markenindustrie. Der Verband bietet uns die Chance, Trends sowie Bedürfnisse aufzuzeigen – und dadurch das Bewusstsein für den Mehrwert der Marken zu schärfen. Promarca dient auch als Sprachrohr, sowohl für die Industrie wie auch für Stakeholder, Politiker, Unternehmen und Verbraucherverbände

 

Promarca feiert 2019 sein 90-jähriges Bestehen. Wo sehen Sie als Vorstandsmitglied die Herausforderungen der Zukunft?

Monique Bourquin als Präsidentin und Anastasia Li-Treyer als Geschäftsführerin haben eine sehr glückliche Hand dabei, die lieb gewonnenen Traditionen zu pflegen und gleichzeitig die Weichen für die Zukunft zu stellen. Die grössten Herausforderungen sehe ich in der Kommunikation, Distribution sowie bei der Regulierung bzw. Deregulierung des Markts. Je komplexer der Markt wird, desto einfacher müssen die Regeln sein, sonst wird es immer schwieriger, Wachstum und Erfolg zu erzielen. Diese Logik muss Promarca den Verantwortlichen näherbringen.

 

Zur Person

Ralf T. Gehlen stammt ursprünglich aus Aachen in Deutschland. Seine Karriere bei P&G begann er 1991 als 29-Jähriger, seit 2010 ist er Chef der Schweizer Niederlassung. Er ist Vater von fünf Kindern und wohnt mit seiner Familie in Urdorf bei Zürich.

 

Zur Firma

P&G wurde 1837 gegründet und beschäftigt heute rund 90 000 Mitarbeitende in 70 Ländern. Eine grosse Auswahl der 65 P&G-Marken ist in 180 Ländern erhältlich. Genf ist Konzernhauptsitz für Europa, den Nahen Osten, Afrika und Indien. Von den Standorten in Schlieren und Genf werden die Marken von P&G in der Schweiz vermarktet und vertrieben. Die wichtigsten sind Always, Antikal, Ariel, Braun, Fairy, Febreze, Gillette Venus, Gillette, Head & Shoulders, Lenor, Meister Proper, Olaz, Oral-B, Pampers, Pantene, Swiffer und Vicks.

 

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